Bevor in Gesprächen mit Herrn Dr. A.Thiel die Idee des Wachthauses als Nachbauobjekt entstand, war unser Ziel der Nachbau eines Wachtturmes.

Der frühere Widderner Bm M.Reinert hatte dafür bereits einen Platz unterhalb Wp 8/48 im Auge, der aber durch die Bm-Neuwahlen 2011 nicht mehr realisiert werden konnte. Danach war lange Zeit in Gesprächen mit Bm Halter eine Position in Jagsthausen unterhalb des Schützenhauses in Vorplanung, bis durch Vermittlung von Ortschaftsrat Martin Walther doch der jetzige Platz auf dem Glasenberg - bei Wp 8/52 -  als Standort für das Wachthaus gefunden wurde.

Seit März 2018 existiert ein positiver Bauvorbescheid für die Errichtung eines Wachtturmes neben dem Wachthaus, seit dem 6.Juni 2018 sind die Bauantrags-unterlagen beim Landratsamt Heilbronn in Bearbeitung und seit Ende Juli 2020 erfreuen wir uns an der erteilten Baugenehmigung. Baubeginn geplant im September

 

Während auch jüngste Nachbauten von Wachttürmen am obergermanisch-raetischen Limes - beispielsweise im in unserer unmittelbaren Nachbarschaft gelegenen Osterburken - Türme mit umlaufender Galerie zeigen - sieht die Planung dieses Nachbaus einen Turm in der Variante "Gaulskopf" vor, also ohne die durch die Abbildungen der Trajanssäule (112ac) implizierten Galerie, dafür aber mit Doppelfenstern im Aussichtsbereich, also im obersten Stockwerk, so wie die Türme bei uns aufgrund der Befundlage am nur wenige Jahrzehnte älteren, direkten Vorläufer Neckar-Odenwaldlimes vermutlich ausgesehen haben dürften.

Damit wäre dies der bisher einzige Nachbau eines Limeswachtturms in Massivbau ohne Galerie; also dem Endausbau der Limes-Türme am obergermanisch-raetischen Limes entsprechend.

 

Noch ein Novum unter den Nachbauten bzw. Rekonstruktionen: die Inneneinrichtung der beiden oberen Stockwerke soll eine möglichst authentische Darstellung der Inneneinrichtung eines römischen Wachtturmes zeigen. Während das "Wachthaus Am Limes" bei der Inneneinrichtung eine Mischung aus authentischen Elementen mit einer modernen, musealen Einrichtung ist, um als Raum für Vorträge, Führungen und Ausstellung zu fungieren, wird der geplante Wachtturm sich hier auf die Darstellung einer denkbaren Inneneinrichtung zur Zeit der römischen Nutzung, also von etwa 150ac bis etwa 260ac, beschränken.

Im EG befand sich in römischer Zeit der Lagerraum, welchen wir im Nachbau nur angedeutet sehen werden; dort wird insbesondere Platz für die umfangreiche Bibliothek entstehen, die jetzt im "Wachthaus" noch Platz wegnimmt, der dann zukünftig für weitere Ausstellungsobjekte zur Verfügung stehen wird. Aufenthaltsraum zum Lesen wird dann aber das 2.OG sein.

Die oben gezeigte Skizze entstand nicht ganz 7 Jahre nach der Skizze des Wachthauses; auch wieder aus der "Feder" meines Freundes und Projektpartners Nik Golder - hier ein Foto von der Entstehung - immer wieder faszinierend, Nik beim zeichnen oder malen zuzusehen.

An diesem schönene Nachmittag haben wir natürlich auch ausgiebig über die Römer und ihre Lebensumstände diskutiert. Nik, der ja auch ein starkes Interesse am Mittelalter zeigt und die Lebensumstände dort auch aus eigenen Reenactment-Erfahrungen kennt, beurteilt das irgendwie anders als ich, der ich mir das gar nicht vorstellen kann - ständig auf einem Brett oder einer Strohmatratze zu schlafen, klingt nach einer üblen Herausforderung an die Wirbelsäule. 25 Jahre Dienstzeit in der römischen Armee heißt, auch unter den Auxiliarsoldaten am Limes muß es "miles" bzw. "milites" mit Rückenschmerzen gegeben haben.

Hier ein Bild, um einen Eindruck zu vermitteln, wie der zukünftige Wachtturm neben dem bereits seit 2014 bestehenden "Wachthaus" aussehen wird.

Eingangsstockwerk der römischen Limes-Wachttürme war das 1.OG. Im Ggs. zur vermutlich in antiker Zeit genutzten Leiter, die im Gefahrfall eingezogen werden konnte, wird es eine unserer Landesbauordnung  entsprechenden Treppe geben, die als moderner Stahlbau ausgeführt, leicht als "nicht antik" zu identifizieren sein wird, aber auch älteren Besuchern einen gefahrlosen Zutritt ermöglichen wird.

Auch im Innenraum gab es in römischer Zeit vermutlich nur Leitern, wird es aber im Nachbau aus den genannten Gründen Treppen geben.

Einen sicherlich wunderschönen Rundumblick aus dem 2.OG, der mit Blick nach Osten - Richtung "Germania Magna" -  zum Waldrand hin, einen Eindruck vermitteln dürfte, wie das von den Römern der besseren Überwachung zuliebe, baumfrei gehaltene Vorfeld des Limes, kontrolliert werden konnte. Hierzu gibt es in den Archäoskopen auf dem Wachtturmnachbau "Förstlein" in Osterburken sehr schön gemachte Bilder.

Selbstverständlich wird der  im Rahmen von Führungen zugängliche Turm von uns ausführlich erläutert werden.

Durch die anhaltende Trockenheit im März-April 2020 schaut es fast schon wieder sommerlich aus, dabei haben wir doch erst 3/4 vom April hinter uns.

Der zukünftige Standort des Turmes ist mit einem Quadrat aus Holzlatten markiert.

 

 

Wenn Sie das ausgelegte Quadrat so nicht erkennen können, bitte das Bild zum Vergrößern anklicken. ( Evtl. ein zweites Mal anklicken, um das Bild in der maximalen Auflösung sehen zu können.)

Mitte September 2020:  Nicht gerade klassisch, dieser Spatenstich, aber sehr effizient  :-)

 

2/3 der Höhe des Baukörpers sind nun, zum Beginn der letzten Oktoberwoche, erreicht; die Aussicht würde bereits jetzt den Blick zu Wp 8/51 gestatten,wenn nicht die Bäume dazwischen wären.

Apropos Bäume: was für ein wunderschöner Herbstwald -  zu welcher Jahreszeit die Germanen wohl bevorzugt auf der Suche nach Beute versucht haben, über den Limes hinweg ins römische Reich einzudringen?

Krieg führen war in der Antike, auch im römischen Reich zur Zeit der Republik, also vor Aufstellung der Berufsheere, von der Landwirtschaft abhängig, weil die Soldaten zur Einsaat und zur Ernte auf dem Feld gebraucht wurden.

Erste Novemberwoche, noch schönes spätherbstliches Wetter, und das oberste Geschoss mit dem "Arbeitszimmer" der Turmwache wird fertig gestellt.

Durch die großen Doppelfenster hatten die Soldaten der Turmbesatzung einen guten Ausblick auf das Vorfeld des Limes.

Eindeckung des Turmdachs Mitte November 2020 mit einem Ziegel der österreichischen Firma tondach.

Der engobierte Ziegel bildet auch mit der Oberflächenstruktur eine schon vergraute Holzschindel nach; mit unterschiedlichen Grautönen und Maßen für eine unregelmäßige, natürliche Optik des Dachs und wird an denkmalgeschützten Gebäuden als Ersatz für eine Holzschindeldeckung geschätzt.

Die einfachere Version des Ziegels wurde durch den Einsatz als Holzschindelersatz in dem mit dem europäischen Philippe-Rothier-Architekturpreis ausgezeichneten Mecavnik-Projekt des Emir Kusturica eingesetzt und wird seitdem vor allem in Österreich auf entsprechenden Dächern genutzt.

Auch wenn den zahlreichen Spaziergängergruppen, die an und nach den Feiertagen vorbei gepilgert sind, die Fort-schritte vielleicht nicht aufgefallen sind, es gibt sie: Die Dämmmaterialien sind vorverputzt, die Fenster sind eingesetzt, die Elektroinstallation ist im wesentlichen fertig. Auch wenn in der Antike einige Öllämpchen reichen mußten, so erfreuen wir uns heute doch über die Sicherheit, die eine etwas üppigere Beleuchtung mit sich bringt. Wie auch am Wachthaus, wird es eine Außenbeleuchtung des Gebäudes geben, die aber, um die nachtaktive Fauna nicht zu stören, zeitlich und leistungsmäßig, nur sparsam zum Einsatz kommen wird.

Wie alle anderen ungeduldigen Bauherren auch, heißt es jetzt, auf ausreichende Temperaturen für den Verputz, zu warten.

Ende März war es endlich soweit, daß die Nächte zuverlässig frostfrei waren, und wir verputzen konnten.

Gerne hätten wir am Ostersonntag, als erster Sonntag im April, geöffnet. Leider war dies wegen Corona nicht möglich. Statt dessen haben wir die freien Tage genutzt, um gemütlich den Turm mit weißer, rein mineralischer, Farbe zu streichen. Diese, im Denkmalschutz sehr oft eingesetzte Farbe, sollte dem originalen Farbeindruck recht nahe kommen. Jetzt, Mitte April, beginnen wir mit roter Farbe als Fugenstrich eine monolithische Struktur vorzutäuschen. Eine solche Scheinarchitektur war typisch für die römische Militärarchitektur, vermutlich, um die Gebäude bzw. ihre Bauweise beeindruckender wirken zu lassen.

Noch rechtzeitig vor Pfingsten 2021 ist das Gerüst um den Turm abgebaut. Ganz authentisch ist der Zugang derzeit nur über eine Leiter möglich; und ich kann jetzt aus Erfahrung berichten, daß dies unpraktisch ist. Der Wind spielt mit der Tür und einen Griff zum Festhalten gibt es nicht. So ist jeder Übergang von der Leiter in den Turm, und natürlich auch umgekehrt, riskant - und wäre für Besucher, die in Benutzung einer Leiter ungeübt sind, kaum möglich.

Sehr viel länger wie die Anfertigung der Außentreppe wird der Innenausbau dauern. Vielleicht haben wir bis dahin die Corona-Pandemie ja überstanden.

Am 3.Juni 2023 hatte er seinen großen Tag und stand ganz im Mittelpunkt des Geschehens: Einweihungsfeier für den Turm in Verbindung mit einer Fortbildung für die Limes-Cicerones.

Nach einer kurzen Einleitung von mir eine knappe Stunde Festreden von Landrat Heuser, Ortsvorsteher Bleickert, Bürgermeister Kopf, Handwerkskammerpräsident Bopp und Limes-Cicerones-Vorsitzender Dr.Liebig - auf dieser Seite unter den Projektpartnern zu finden - kamen noch gute 4 Stunden geballtes Fachwissen in Form von Vorträgen durch Frau Dr. Krieger vom LVR Xanten, Herrn Schaflitzl (Landesbeauftragter Limes), Herrn Dr. Scheuerbrandt vom Museum Osterburken und Frau Dr.Faber von der Uni Bamberg über die Ausgrabungen in Neuenstadt.

Dazu gab jede Menge Kaltgetränke sowie Moretum-Brote und einen Eintopf: Lukanische Würtstchen in Linsen-Esskastaniensauce nach einem Rezept aus der Apicius-Sammlung.

WACHTHAUS   AM LIMES